5- Shot Regel

Wer hat es nicht schon erlitten, dieses Schrecknis des sonntäglichen Familienlebens: Man wird ins Sofa genötigt und muss Onkel Walters wackelndes Urlaubsvideo betrachten. Oder den gerade fertig gewordenen Stundenfilm über die Hochzeit der Tochter. Ein unruhiger Gang. Wildes Hin- und Herschwenken, dazu ein nervöser Finger auf der Zoomwippe: So etwas schaut sich niemand gerne an. Dabei muss man nur ein paar einfache Regeln beachten und schon sieht das eigene Video ziemlich professionell aus.
Zuerst den Kopf einschalten. Dann die Kamera. Bevor man anfängt zu filmen, sollte man sich ein wenig umsehen. Und zwei Fragen beantworten:
Woher kommt das Licht?
Schöne Bilder bekommt, wer mit dem Licht dreht. Wer also Sonne oder Schreibtischlampe im Rücken hat. Dann ist das, was man dreht, gleichmässig beleuchtet. Filmt man Personen gegen die Lichtquelle, dann erscheinen sie nur als gesichtslose Schatten.

Was höre ich?

Vor dem Drehen auf störende Geräusche achten. Dudelt da im Hintergrund ein Radio? Donnern Lastwagen vorbei? Dann das Radio ausstellen lassen. Oder das Fenster schliessen.
Jetzt kann es losgehen. Filmen heisst allerdings nicht: Kamera an und pausenlos aufnehmen, um ja nichts zu verpassen. Filmen heisst: Bilder oder Einstellungen suchen. Eine Einstellung (im Englischen «shot» genannt) ist die kleinste Einheit des Films. Die Zeit zwischen dem An- und Ausschalten der Kamera.

Und was sollen sie zeigen?

Diese Frage beantworten die Five Shots. Wer von jeder Situation, von jeder Szene diese fünf Einstellungen mitbringt, der hat auf jeden Fall genug Material für den Schnitt. Merken Sie sich fünf einfache W-Fragen:

1. Was?

Einstellung: zehn Sekunden lang, ohne das Bild zu ändern oder die Kamera zu bewegen. Schon ist der erste Shot im Kasten. (Detail)

2. Wer?

Gesicht des Protagonisten. Ziemlich nah, der Kopf kann sogar angeschnitten sein. Hauptsache, man sieht die Augen. Mindestens zehn Sekunden, Kamera ruhig. Zweiter Shot erledigt. (Nah/Gross)

3. Wie?

Wie gehören Hand und Gesicht zusammen? Ich brauche ein Bild, das beides zeigt. Die einfachste Lösung: Über die Schulter des Protagonisten die Finger filmen. Nicht so nah wie die ersten beiden Einstellungen. Zehn Sekunden, keine Bewegung. (Halbnah)

4. Wo?

Dieser Shot gibt räumliche Orientierung. Protagonist in seiner Umgebung erkennbar machen. Zehn Sekunden, die Kamera: ruhig. (Halbtotale)

5. Wow!

Beim letzten Shot sind ungewöhnliche Perspektiven erlaubt: Senkrecht von oben, Froschperspektive, aus Unschärfe mit Vordergrund – Hauptsache, die Zuschauer werden aufmerksam. Zehn Sekunden. Mindestens. Kamera nicht bewegen. Und die ersten Five Shots sind abgedreht.
Natürlich ist das nicht das ganze Filmemachen. Man darf und muss viel mehr drehen. Aber die Five Shots liefern immer die Basics einer Szene. Und sie zwingen mich, Details aufzunehmen. Die braucht jeder Film.
Verzichten Sie ausserdem aufs zoomen und wilde Schwenks! Probieren Sie es aus! Es klappt. Garantiert!
Aufnahmedauer von Einzelclips: mind. 10 Sekunden aufnehmen, auch wenn wir davon nur 3-5 Sekunden verwenden. Gründe: Wackler beim Ein- und Ausschalten der Kamera, Bildreserve für weiche Übergänge, Inhalts-Fehler (vorübergehende Passanten, Licht/Schatten, etc.).

Regeln beim Videodreh

  1. Bei der Aufnahme ist der Kameramann still
  2. Regie- und Handlungsanweisungen gibt man vor der Aufnahme
  3. Verschaff Dir Platz im Blickfeld, bitte Menschen, aus dem Weg zu gehen
  4. Die Bewegung findet im Bild statt, nicht mit der Kamera
  5. Verlasse Dich nicht auf die Automatik
  6. Kümmere Dich um Weißabgleich, Licht, Blende, beginne erst dann mit der Aufnahme
  7. Die Schärfe-Automatik ist böse – wenn Du Zeit hast, die Schärfe von Hand zu ziehen, lass sie aus
  8. Die Schärfe-Automatik ist gut – wenn es schnell gehen muss, lass sie an
  9. Nimm, wann immer es geht, redundant auf, also mit zwei Kameras aus zwei Perspektiven oder drehe Szenen mehrmals aus unterschiedlichen Einstellungen
  10. Überprüfe immer wieder Deine Aufnahmen und drehe erst dann weiter
  11. Denke an den Schnitt, denke daran, dass Du dann gute Anschlüsse brauchst
  12. Vergewissere Dich, dass die Kamera wirklich aufnimmt
  13. Prüfe Akkuladung und Speichermedien, gehe erst dann zum Dreh
  14. Nimm lieber eine Einstellung mehr mit als eine zu wenig
  15. Nimm auch unwichtiges auf, Du brauchst Material für Zwischenschnitte
  16. Plane, was Du aufnehmen willst, schreibe eine Liste der wichtigen Takes
  17. Plane nicht alles, nimm mit, was Du kriegen kannst
  18. Nimm immer mindestens zehn Sekunden auf
  19. Denke an die Five Shot-Regel: Nimm, wenn möglich, Fünf Einstellungen pro Szene
  20. Hab Spass an der Arbeit

Infoquellen: Coopzeitung; RedGoTV